Die Unesco hat die politisch Verantwortlichen in Deutschland aufgefordert, bis zum Jahr 2025 einen Rechtsanspruch auf einen flächendeckenden Zugang zu schnellem Internet zu schaffen und auch umzusetzen.
In einem Bericht zur Internetentwicklung in Deutschland, der auf dem Internet Governance Forum in Berlin vorgestellt wurde, weist die Weltkulturorganisation auf einen «digitalen Graben» hin. Während quasi alle berufstätigen Deutschen (96 Prozent) online seien, nutzten nur gut zwei Drittel der Erwerbslosen (68 Prozent) das Internet. Dieser Graben müsse überwunden werden.
Der für die digitale Infrastruktur zuständige Bundesminister Andreas Scheuer (CSU) kommentierte den Bericht mit dem Hinweis, das Recht auf schnelles Internet sei längst beschlossen. «Mit der Novellierung des Telekommunikationsgesetzes haben wir im Frühjahr dieses Jahres das Recht auf schnelles Internet gesetzlich verankert. Egal, ob ich mich für ein Leben auf dem Land oder in der Stadt entscheide, künftig haben alle einen Anspruch auf schnelles Surfen.»
Außerdem habe die Bundesregierung den Gigabitausbau gestärkt, in dem Genehmigungen beschleunigt und neue Technologien ermöglicht worden seien. «Der Zugang zu schnellem Internet ist heute einer der Grundpfeiler für soziale und wirtschaftliche Teilhabe», betonte der Minister. Das zuletzt in der aktuellen Corona-Lage noch einmal sehr deutlich geworden.
In diesem Punkt sieht auch die Unesco keinen Grund zum Klagen. Die deutsche Politik habe sich auf höchster Ebene zum Recht auf Internet für alle bekannt. Der Netzzugang sei in Deutschland mit wenigen Ausnahmen flächendeckend, stabil und kostengünstig realisiert. «Hervorzuheben ist, dass es 2020 trotz stärkerer Nutzung von Telefon, Videokonferenzen und Streaming in der Covid-19-Pandemie zu keiner Zeit zu einer Netzüberlastung gekommen ist.»
Doch auch in Deutschland gefährdeten Faktoren wie Migrationshintergrund, nichttraditionelle Bildungsverläufe und Erwerbsbiografien sowie Alter die volle Realisierung aller Menschenrechte im Internet, bemängelte die Unesco. Die Organisation verlangte eine stärkere Förderung der Internetnutzung durch Menschen mit Migrationshintergrund sowie der Gleichstellung von Mädchen und Frauen in allen Bereichen des Internets. Dazu gehörten Bildungsangebote, aber auch Bemühungen, Ausgrenzungserlebnisse im Internet und «digitale Gewalt» zu bekämpfen.
Auf dem Forum wurde ein zivilgesellschaftliches Bündnis «F5» vorgestellt, in dem sich die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), AlgorithmWatch, die Open Knowledge Foundation Deutschland, Reporter ohne Grenzen (ROG) und Wikimedia Deutschland zusammengeschlossen haben. Ziel der Kooperation ist es, für einen Neustart in der Digitalpolitik zu werben, um die Digitalisierung an den Interessen der Menschen in Deutschland und Europa auszurichten.
Der Name «F5» spielt auf die Funktionstaste F5 an, mit unter anderem eine Webseite aktualisiert wird. Der Fokus sollte in Zukunft auf dem Gemeinwohl liegen, anstatt Interessen von Behörden und die Einnahmen von Tech-Konzernen zum Gradmesser zu machen, forderte das Bündnis.
Konstantin von Notz, Fraktionsvize der Grünen im Bundestag, sagte, die vergangenen Jahre seien digitalpolitisch verlorene Jahre gewesen: Deutschland sei in beinahe allen internationalen Vergleichen abgehängt worden. Marktmächtige, bis heute weitgehend unregulierte Plattformen dominierten digitale Märkte und diktierten ihre Bedingungen zulasten der Verbraucherinnen und Verbraucher. «Wir brauchen einen echten Neustart in der Digitalpolitik und eine Bundesregierung, die sich den Herausforderungen stellt.»