Beim Ausbau seines Mobilfunknetzes in dem neuen Funkstandard 5G macht Telefónica Deutschland Fortschritte. Es seien inzwischen 1000 Antennen in mehr als 30 deutschen Städten aktiviert, teilte das Unternehmen mit seiner Marke O2 am Montag in München mit.
Jeder Standort hat üblicherweise drei Antennen. In den kommenden Monaten will die Firma das Ausbautempo deutlich anziehen. «Wir wollen bis Jahresende mehr als 30 Prozent der Bevölkerung in Deutschland mit 5G versorgen», sagt Telefónica-Deutschlandchef Markus Haas. Ein Jahr später sollen es mindestens 50 Prozent und Ende 2025 99 Prozent der Haushalte sein. Wie viel Prozent der Bevölkerung schon jetzt 5G von O2 zu Hause empfangen könnte, dazu sagt Telefónica nichts. Die 5G-Antennen stehen zum Beispiel in Berlin-Mitte und in Düsseldorf bei der Uni-Klinik – also an Standorten mit viel Publikumsverkehr.
Die Konkurrenz ist beim Ausbau deutlich weiter: Vodafone kommt auf etwa 8500 5G-Antennen und die Deutsche Telekom sogar auf mehr als 50.000. Allerdings sind diese Zahlen nicht gut vergleichbar, weil der Löwenanteil dieser Antennen in relativ niedrigen Frequenzbändern funkt und diese zwischen 4G und 5G hin- und herschalten. Die Zahlen von Telefónica beziehen sich hingegen nur auf die recht hohe Frequenz von 3,6 Gigahertz, die für 5G sehr gut geeignet ist. Die Reichweite der Antennen ist zwar gering, das Downloadtempo ist aber sehr hoch und es stehen große Kapazitäten zur Verfügung: Es können also sehr viele Menschen gleichzeitig über einen Sendemast verbunden sein, ohne dass es deutliche Leistungseinbrüche gibt.
Die Telekom hat bisher nach eigenen Angaben 1400 5G-Antennen in der Frequenz 3,5 bis 3,6 Gigahertz (GHz) aktiviert, Vodafone etwa 1000. «Wenn nach der Coronapandemie wieder einmal Musikkonzerte und andere Events stattfinden, können Tausende Besucher Fotos und Videos dank 5G während der Veranstaltung ruckzuck verschicken», erklärt Haas die Vorteile des neuen Standards für den Normalnutzer. Der Mobilfunk ist ein «Shared Medium» – je mehr Nutzer eine Funkzelle gerade hat, desto geringer ist die Leistung pro Nutzer. «Durch 5G kommt dieses «Shared Medium» auf ein ganz neues Level», sagt der Manager. Es werde keine großen Abstriche mehr geben in Menschenansammlungen.
Im Jahresverlauf will Telefónica etwa 5000 weitere 5G-Antennen in Betrieb nehmen im Bereich 3,6 Gigahertz, außerdem sollen Antennen in niedrigeren Frequenzbereichen hinzukommen – die hätten eine größere Reichweite, aber keine so hohen Netzkapazitäten. Zudem setzt Telefónica auf «Carrier Aggregation», bei dem verschiedene Funkbänder kombiniert werden und höhere Datenraten und mehr Kapazität erreicht werden. Hierbei ist man noch in den Anfängen: Diese Technik wird an einem Standort in München genutzt, weitere sollen hinzukommen.
Spricht man derzeit von 5G, so ist letztlich nur eine abgespeckte Version des ultraschnellen Übertragungsstandards gemeint. Denn die Telekommunikationsdienstleister nutzen nur Antennen für 5G, beim Kernnetz hingegen – also den zentralen Servern – setzen sie noch auf 4G, um die neue Technologie zu realisieren.
Die ersten Standorte mit «reinem» 5G, bei dem sowohl im Antennennetz als auch im Kernnetz der Standard genutzt wird, soll es bei Telefónica im Jahresverlauf geben. Der Vorteil von «Standalone-5G», wie es auch genannt wird, ist noch eine höhere Kapazität und eine extrem geringe Latenz – statt wie bisher in der jetzigen «5G light»-Version 10 bis 20 Millisekunden zwischen einem Befehl und einer ausgelösten Reaktion wären laut Telefónica künftig nur 1 bis 2 Millisekunden möglich. Eine niedrige Latenz ist für Online-Games oder für «Augmented Reality» wichtig. So können zum Beispiel «Virtual Reality»-Brillen viel besser genutzt werden und das virtuelle Abbild, was der Nutzer zu sehen bekommt, wird realitätsnäher.
Der Nachteil an «Standalone 5G»: Die Nutzer brauchen neue Smartphones. Ist ihr Smartphone schon 5G-fähig, so reicht ein Firmware-Update. «5G Standalone» ist eine wichtige Voraussetzung für weitere Anwendungen, etwa für das «Network Slicing». Hierbei wird ein Teil des Spektrums gewissermaßen rausgeschnitten – daher das Wort – und für einen Kunden reserviert, der etwa eine ultraschnelle Echtzeit-Übertragung garantiert bekommt. Für Industriekunden kann das interessant sein, etwa wenn ihre Spezialisten bestimmte Maschinen aus der Ferne steuern und nicht mehr auf die Baustelle müssen.