Oppo setzt beim X5 Pro (l) auf zwei 50-Megapixel-Kameras und eine 2x-Zoomkamera. Das OnePlus 10 Pro hat eine 48-Megapixel-Hauptkamera, eine 50-Megapixel-Weitwinkelkamera und eine Zoomkamera mit 3,3-facher Vergrößerung. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Till Simon Nagel/dpa-tmn)

Von vorn betrachtet gleichen sie einander wie ein Ei dem anderen. Eine große und schlanke Glasfront, abgerundete Ecken, ein kleines Loch für die Frontkamera links oben. Auf den ersten Blick könnten das Oppo Find X5 Pro und das Oneplus 10 Pro Zwillinge sein.

Auch drinnen steckt zu großen Teilen ähnliche Technik: Qualcomms Snapdragon 8, 1. Generation, bis zu 512 Gigabyte (GB) Speicher, maximal 12 GB Arbeitsspeicher (RAM), ein AMOLED-Display mit HDR10+ und 120 Hertz Bildwiederholfrequenz, großer 5000-mAh-Akku – die Liste ist lang. Sogar die Betriebssysteme ähneln sich. Auch wenn die auf Android 12 aufbauende Eigenentwicklung bei Oppo Color OS und bei Oneplus Oxygen OS heißt.

Same, same but different? Wundern muss man sich da nicht. Beide Marken gehören zum chinesischen Hersteller BBK Electronics – wie auch Realme oder Vivo. Ähnlich wie bei Autoherstellern gibt es auch Smartphoneplattformen. Viele gleiche Teile, dann folgt die Spezialisierung für verschiedene Kundentypen. Ist das schlimm? Nicht wirklich.

Wer beide Smartphones umdreht, erkennt dann doch den Unterschied: Zwar ziert beide der Schriftzug des Kameraherstellers Hasselblad. Doch das war es mit der Ähnlichkeit.

Unterschied 1: Die Optik

Das Oppo Find X5 hat ein glänzendes Keramikgehäuse mit nahtlos hervorragendem Kamerabuckel. Zwei große Linsen, eine kleine, ein Sensor, eine LED. Schlicht, elegant und haltbar – hat man so noch nicht gesehen. Die Keramik ist überraschend griffig und kratzfest.

Das Oneplus 10 Pro gibt sich klassischer. Die Rückseite ist aus mattem Spezialglas – das Testgerät ist grün. Die Kamera mit ihren drei großen Linsen und der Sensorik und LED im vierten Kreis ragt von der Seite hinein und steht ein wenig hervor.

Unterschied 2: Die Kameras

Also alles nur eine Stilfrage? Mitnichten. Die Kameras unterscheiden sich nämlich zum Teil erheblich. Beim Oneplus erhält man eine solide 48-MP-Hauptkamera, dazu Ultraweitwinkel und eine Zoomkamera mit 3,3-facher optischer Vergrößerung.

Bei der Farbkalibrierung hat Kameraspezialist Hasselblad mit Hand angelegt. Details zur Zusammenarbeit gibt es nicht. Sichtbar und hörbar wird die Kooperation durch den für Hasselblad-Kameras typischen, orangenen Auslöser in der Foto-App und den Auslöseton, der nach mechanischem Kameraverschluss klingt.

Das Trio leistet weitgehend gute, wenn auch keine Spitzenarbeit. Die Fotos gelingen gut, die Aufnahmemodi sind verständlich und der Pro-Modus liefert Fotofreunden umfangreiche manuelle Einstellungsmöglichkeiten. Bei wenig Licht gehen allerdings die Details flöten. Und: Der Wechsel zwischen den Kameras dauert recht lang. Selbst ein zwei Jahre altes iPhone 11 Pro schaltet deutlich fixer zwischen Weitwinkel und Zoom hin und her.

Ein Chip macht den Unterschied

Oppo geht bei der Kamera einen anderen Weg. Dem 50-MP-Duo aus Weitwinkel und Ultraweitwinkel mit Makrofunktion steht eine 13-MP-Telekamera mit nur zweifachem Zoom zur Seite. Dazu gibt es eine 5-Achsen-Bildstabilisierung. Den besonderen Unterschied soll aber ein zusätzlicher Chip machen. Marisilicon X hießt der Signalprozessor, der unter anderem Rauschen vermindern und die Bildqualität verbessern soll. Auch Nachtvideos in 4K sollen besser gelingen.

In der Praxis zeigt sich: klappt. Beide Geräte schießen gute Bilder. Im direkten Vergleich sind die Bilder vom Oppo allerdings klarer, schärfer und detaillierter, auch bei wenig Licht. Auch der Makromodus bietet noch ein paar interessante Extramöglichkeiten beim Fotografieren. Und auch Oppo setzt auf Farbkalibrierung mit Hasselblad – das Ergebnis sieht eine Spur farbiger und lebendiger aus als beim Oneplus. Auch beim Oppo ist der Kamerawechsel träge.

Unterschied 3: Ein Schalter

Es mag wie eine Kleinigkeit klingen, aber seit dem Oneplus One gibt es bei Oneplus-Geräten einen Schalter für Klingeln, Vibration und Stumm. Einmal daran gewöhnt, will man den nicht missen. Das Oneplus 10 Pro hat ihn, das Oppo Find X5 Pro nicht.

Kein Unterschied: Der Akku

Beide Geräte haben einen recht großen Akku mit 5000 Milliamperestunden Kapazität. Die Ladezeiten sind im Vergleich zu Mitbewerbern rasant schnell. Das dicke 80-Watt-Ladegerät des Oppo soll den Akku in 12 Minuten zur Hälfte aufladen. In der Praxis dauert das ein paar Minuten länger. Vollladen dauert knapp 40 Minuten.

Dank einer neuen Akkupflegetechnik soll der Energiespeicher 1600 Ladungen ohne Schäden wegstecken können. Macht bei einer im Test normalen Akkulaufzeit von anderthalb bis zwei Tagen schon ein paar Jahre aus. Hier muss aber die Zeit zeigen, ob das auch klappt.

Ähnliche Werte gibt es beim Oneplus 10 Pro – in der Packung liegt der gleiche 80-Watt-Ladeklotz. Oneplus verabschiedet sich hier vom eigenen Warp Charge und nutzt nun die Super Vooc genannte Technik, die auch im Oppo-Lader steckt. Also eigentlich nur ein Unterschiedchen für langjährige Oneplus-Nutzerinnen und -Nutzer.

Unpraktisch: Die Ladegeräte sind ziemlich groß. Und obwohl sie von den Leistungsdaten her eigentlich Notebook-tauglich wären, versagten sie dafür im Test den Dienst. Gewichtseinsparung auf Reisen ist also nicht drin.

Unterschied 4: Der Preis

1299 Euro kostet das Oppo Find X5 Pro mit 256 GB Speicher und 12 GB RAM. Damit lässt Oppo sein Smartphone in einer preislichen Liga mit dem iPhone 13 Pro oder Samsungs Galaxy S22 Ultra spielen.

Das Oneplus 10 Pro gibt es ab 899 Euro mit 128 GB Speicher. Für die Variante mit 256 GB Speicher werden 999 Euro fällig.

Fazit: Sehr ähnlich, im Detail grundverschieden

Gleiche Plattform, Unterschiede im Detail, eigenes Design, irgendwie trotzdem hoher Wiedererkennungswert. Oppo und Oneplus teilen sich hier eine starke Plattform mit schnellen Chips, tollem Display und einem leistungsstarken Akku. Man macht mit beiden Geräten grundsätzlich nichts falsch.

Das Oneplus 10 Pro muss sich nicht verstecken. Es hat alles, was man braucht. Allerdings ist es am Ende «nur» ein ziemlich gutes Smartphone mit schönem Design, einer soliden Kamera und einem vergleichsweise guten Preis. Nicht mehr, nicht weniger.

Im direkten Vergleich liegt das Oppo Find X5 Pro vorne. Es hat das insgesamt rundere Kamerapaket. Und so eigenständiges Design wie bei Oppos Keramikhülle darf es gerne öfter geben. Die fehlende richtige Zoomkamera – nur auf den ersten Blick ein Makel – vermisst man nicht. Allerdings: Samsungs ebenfalls sehr starkes Galaxy S22 Ultra spielt preislich in derselben Liga. Wer dann doch mehr Zoom will, sollte gut vergleichen.

Von Till Simon Nagel, dpa