Zum Verkauf stand ein E-Book, wahlweise mit Tipps zu Ernährung, Diäten oder Hundeerziehung. Das Angebot klang verlockend: Preis ein Euro plus Versandkosten. Spätestens beim Blick auf den nächsten Kontoauszug kam die Erkenntnis: Hier stimmt etwas nicht.
Auf der Abrechnung war der Preis für ein monatliches Abo aufgeführt. Ein Abo, das der Kunde nie wollte, beim Kauf aber unwissentlich abgeschlossen hatte.
Der Weg in die Abofalle führte in diesem Fall über das Kleingedruckte der Webseite, gut versteckt zwischen großen, bunten Flächen und Buttons, die für Ablenkung sorgten. Der Fall ist ein Beispiel für das, was in der Fachsprache Dark Patterns genannt wird: Der Versuch, die Entscheidung eines Verbrauchers durch psychologische Tricks oder manipulative Designelemente zu beeinflussen.
«Es fing an mit Cookie-Bannern.»
Bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz (VZ RP) gehen immer öfter Beschwerden zu Dark Patterns ein, erzählt Jennifer Kaiser, Referentin für Digitales und Verbraucherrecht: «Es fing an mit Cookie-Bannern.» Nutzerinnen und Nutzer beschwerten sich über die penetranten und oft unübersichtlichen Fenster, über die beim Besuch einer neuen Internetseite Datenschutzeinstellungen getroffen werden müssen.
Jetzt melden sich vor allem Menschen, die keinen Weg mehr aus der Abofalle finden, sagt Verbraucherschützerin Kaiser. Denn auch nach dem ungewollten Vertragsabschluss «helfen» Dark Patterns, Verbraucher zu verwirren. Zum Beispiel indem Unternehmen oder Händler den Kontakt zum Kundenservice oder Informationen zur Kündigung in den Untiefen von Menüs verstecken.
Klar ist: Dark Patterns sind allgegenwärtig. «Jedes zweite Cookie-Banner in Deutschland enthält Dark Patterns», sagt Peter Hense, Rechtsanwalt für IT und Datenschutz. Zwar ist seit Dezember 2021 gesetzlich geregelt, dass Cookies nur gesetzt werden dürfen, wenn der Nutzer «auf der Grundlage von klaren und umfassenden Informationen eingewilligt hat». Was das genau heißt, ist allerdings Auslegungssache. Im Zweifel bleibt oft nur der Weg zu den Verbraucherzentralen, die regelmäßig klagen.
Bloß nicht drängen oder einschüchtern lassen
Wichtig ist, sich nicht drängen oder einschüchtern zu lassen. «Manche Unternehmen behaupten frech, man habe zugestimmt», sagt Anwalt Hense – nur weil der Verbraucher versehentlich eine bestimmte Option angeklickt hat. Das hat vor Gericht aber nicht unbedingt Bestand.
Andere versuchen Kunden weis zu machen, dass kein Widerruf möglich sei, berichtet Verbraucherschützerin Kaiser. Bei Internetkäufen seien aber 14 Tage Widerrufsrecht die Regel.
Um Kunden zu einem bestimmten Verhalten zu bewegen, nutzen Anbieter von Webseiten verschiedene Tricks. Beispiel Cookie-Banner: «Die privacy-freundlichere Alternative wird eher peripher und optisch unauffällig platziert», erklärt Professor Frank Kargl von der Universität Ulm. Und wer seine Nutzungsdaten beim Surfen auf einer Seite nicht teilen will, muss sich durch zig Checkboxen und Unterseiten kämpfen, um alle Freigaben manuell abzuwählen.
Viele kapitulieren da und akzeptieren genervt doch alle Cookies. Die Banner sind also so designt, dass sie menschliche Automatismen ausnutzen. Wer schnell auf eine Seite gelangen will, um etwas zu erledigen, klickt bei einem scheinbar irrelevanten Dialog eher auf die vorgewählte Option, um sich nicht aufhalten zu lassen, erklärt Kargl.
Das, was kostet, wurde bereits ausgewählt
Weitere beliebte Tricks: Kurz vor dem Bezahlvorgang taucht plötzlich ein Artikel im Warenkorb auf, den der Käufer gar nicht hineingelegt hat. Oder bestimmte Optionen, etwa zum Abschluss einer Reiseversicherung bei der Buchung eines Fluges, sind schon vorausgewählt.
«Manchmal wird der Eindruck von Dringlichkeit erweckt», sagt Prof. Kargl, etwa indem ein Countdown abläuft oder ein Buchungsportal in roter Schrift darauf hinweist, dass «nur noch 1 Zimmer» verfügbar sei. Oder Nutzerinnen wird ein schlechtes Gewissen gemacht: «Wenn Sie nicht alle Felder ausfüllen, kann Ihnen unser Dienst nicht das optimale Ergebnis anzeigen».
Das Problem: Viele dieser Praktiken sind legal. Wenn Buchungsportale angeben, dass nur noch wenige Flüge oder eine begrenzte Anzahl an Angeboten verfügbar ist, sei das «ein Marketing-Instrument» und damit rechtlich erlaubt, erklärt Verbraucherschützerin Jennifer Kaiser. Die Politik greife bisher nur bedingt regulierend ein.
Die EU-Kommission schaltete sich ein
Ein Eingriff der EU-Kommission wie im Dezember 2019 bei «Booking.com» ist eher die Ausnahme: Das Buchungsportal wurde angewiesen, seinen Internetauftritt transparenter zu gestalten: Angebote dürften nur dann als begrenzt beworben werden, wenn sie zu einem späteren Zeitpunkt tatsächlich nicht mehr verfügbar seien.
Um nicht auf die Tricks der Anbieter hereinzufallen, müssen Verbraucher sie vor allem kennen. Beispiele für Dark Patterns und Seiten, die sie verwenden, finden sich über Suchmaschinen. Es gibt mehrere Netzsammlungen oder Fallstudien von Wissenschaftlern, auch die Verbraucherzentralenklären auf.
Ansonsten hilft vor allem: aufmerksam sein, nicht vorschnell auf Buttons klicken, Formulierungen genau überprüfen und vor dem Kauf eines Produkts noch einmal den Warenkorb und die Endsumme checken. Denn Dark Pattern funktionieren nur, wenn sie wirklich im Dunklen bleiben.