Autofahrer in Deutschland können künftig eine digitale Variante ihres Führerscheins erstellen und diese auf ihrem Smartphone speichern.
Wie das Bundesverkehrsministerium in Berlin weiter mitteilte, handelt es sich um eine erste Stufe. Benötigt werde ein modernes Smartphone sowie ein aktueller Personalausweis mit aktivierter Online-Funktion. Zuerst hatte die «Passauer Neuen Presse» darüber berichtet.
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) erklärte, die Technik stehe, jetzt gehe es in die Anwendungen. «Der digitale Führerschein hat das Potenzial, den Alltag von Autofahrern deutlich zu erleichtern.» So könne eine aufwendige Video-Überprüfung des Führerscheins etwa für Car-Sharing oder bei Mietwagen-Anbietern überflüssig werden.
Derzeit werde mit BMW und Sixt an Anwendungen zum Einsatz des digitalen Führerscheins gearbeitet, die in den kommenden Monaten eingesetzt werden könnten. «Parallel dazu arbeiten wir auf EU-Ebene daran, dass der digitale Führerschein auch als offizieller Nachweis der Fahrerlaubnis zum Beispiel in Polizeikontrollen anerkannt wird», erklärte der Minister.
App «ID Wallet» benötigt
Autofahrerinnen und Autofahrer mit einem EU-Kartenführerschein aus Deutschland müssen sich zunächst die App «ID Wallet» auf ihr Smartphone herunterladen. Zur Übertragung des Führerscheins auf das Handy wird dann aber gar nicht die Fahrerlaubnis benötigt, sondern der moderne Personalausweis («ePerso»). Dieser muss für eine Online-Nutzung freigeschaltet sein.
Außerdem müssen die Anwender ihre Geheimzahl kennen, die bei der Übergabe des Ausweisdokuments festgelegt wurde. Mit dem «ePerso» wird dann in der App eine Abfrage an das Kraftfahrtbundesamt gestartet und damit der digitale Führerschein auf das Smartphone übertragen.
In den Nutzungsbedingungen weist das Kraftfahrtbundesamt darauf hin, dass der digitale Führerschein derzeit kein vollwertiger Ersatz für das tatsächlich Ausweisdokument sei – es fehle noch die rechtliche Grundlage. Nicht übertragen werden können alte Führerscheine aus Papier, umgangssprachlich «Lappen». Das Ministerium betonte, man arbeite auf EU-Ebene daran, dass der digitale Führerschein auch als offizieller Nachweis der Fahrerlaubnis zum Beispiel in Polizeikontrollen anerkannt werde.
In der «ID Wallet» kann man auch den Personalausweis selbst hinterlegen. Damit soll beispielsweise ermöglicht werden, dass Hotels ihren Gästen ein kontaktloses Check-in anbieten können, ohne dass die Kunden zur Feststellung ihrer Identität an der Rezeption vorbeischauen müssen. Das Smartphone würde in diesem Szenario auch als digitaler Schlüssel dienen, um das Hotelzimmer öffnen zu können. Seit Mitte Mai läuft dazu ein Pilotprojekt der Bundesregierung mit der Deutschen Bahn, der Lufthansa, Bosch und BWI, dem IT-Dienstleister der Bundeswehr.
In der Bundesregierung hatte sich vor allem die Staatsministerin für Digitalisierung, Dorothee Bär (CSU), für eine Digitalisierung von amtlichen Dokumenten und darauf aufsetzenden Anwendungen stark gemacht. Die Opposition bemängelt, dass Deutschland im internationalen Vergleich bei der Digitalisierung hinterherlaufe.
Kritik von Verband Bitkom
Auch der Digitalverband Bitkom kritisierte die Bundesregierung: Der «Führerschein als App» reihe sich ein «in die mühseligen Versuche, auch in Deutschland digitale Technologien an der Schnittstelle von Verwaltung und Verbrauchern zum Einsatz zu bringen», bemängelte Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder.
«Zunächst kam ein elektronischer Personalausweis, für den es aber faktisch keine Einsatzmöglichkeiten gab. Dann kam die elektronische Gesundheitskarte, die außer Stammdaten nichts zu bieten hatte. Jetzt kommt eine Führerschein-App, die bei Polizeikontrollen nicht akzeptiert wird.» Diese App sei ein erster kleiner Schritt auf dem Weg in die digitale Mobilität, mehr nicht.
Rohleder betonte, Norwegen oder zum Beispiel der Kosovo seien Deutschland um Jahre voraus. Dort seien 2019 und 2018 offizielle Führerschein-Apps eingeführt worden, die alle Funktionen des klassischen Führerscheins besäßen. «Erst wenn die Führerschein-App auch in Deutschland in allen Standardsituationen und bei Verwaltungsleistungen genutzt werden kann, wird sie ihren Nutzen in der Breite entfalten.»