Mit einer digitalen Exil-Universität soll afghanischen Studentinnen und Studenten weltweit eine Fortsetzung ihrer Ausbildung und eine Zukunftsperspektive geboten werden.
Ein erstes Konzept stand im Mittelpunkt einer zweitägigen Konferenz mit emigrierten Vertreterinnen und Vertretern des afghanischen Bildungswesens in Frankfurt am Main von Freitag bis Samstag.
Wut, Verzweiflung, Zukunftsangst
Teilnehmerin Sadschija Behgam Amin war bis August Beraterin des afghanischen Ministerpräsidenten zu Frauen- und Jugendfragen. Wie viele ihrer Landsleute ist sie nun im Exil, geflohen vor der Herrschaft der Taliban, doch per Email steht sie in Kontakt mit ihren früheren Studentinnen der Universität Kabul. «Das ist eine Mischung aus Wut, Verzweiflung, Zukunftsangst», sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Viele junge Frauen seien verzweifelt.
Die radikalislamischen Taliban waren im August wieder an die Macht gelangt. Seitdem sind die meisten weiterführenden Schulen für Mädchen geschlossen. Tausende Afghanen haben ihre Heimat verlassen. «Anfangs haben viele gehofft, dass es nicht so schlimm wird, dass die Taliban sich verändert haben», sagte Mohammed Osman Baburi, der frühere Präsident der Universität Kabul. «Und sie haben sich verändert – zum Schlechteren.» Die Situation erinnere an die frühere Herrschaft der Taliban, «aber katastrophaler». Von den 900 Hochschulmitarbeitern seien mehr als 150 ins Ausland geflohen.
Universität als «Zeichen der Hoffnung»
«Es gilt, für Afghanistan eine langfristige Zukunftsperspektive zu entwickeln, in der qualifizierte afghanische Fachkräfte eine tragende Rolle spielen», sagte Kambiz Ghawami, Vorsitzender des World University Service (WUS) in Wiesbaden, der die internationale Konferenz organisierte. «Nur so kann in dem Land eine demokratische Gesellschaft aufgebaut werden, die Bestand hat.» Die Universität solle ein «Zeichen der Hoffnung sein für die Menschen in Afghanistan und in den Flüchtlingslagern». Der WUS setzt sich seit 1920 für die Verwirklichung des Menschenrechts auf Bildung ein.
Das digitale Angebot sei sowohl an Menschen im Exil gerichtet als auch an diejenigen, die nun in Afghanistan ihr Studium oder ihre wissenschaftliche Arbeit nicht fortsetzen könnten. Geplant sei die Zusammenarbeit mit Partneruniversitäten in Deutschland und anderen Staaten, so dass die Studierenden Abschlüsse von zwei Universitäten hätten.