Hightech made in Sachsen: Der Technologiekonzern Bosch hat in Dresden seine neue Halbleiterfabrik eröffnet.
«Mit Hilfe von künstlicher Intelligenz heben wir in Dresden die Produktion von Halbleitern auf ein neues Level», sagte Bosch-Chef Volkmar Denner am Montag. Künftig will das Unternehmen in der sächsischen Landeshauptstadt auf 300-Millimeter-Wafern Chips für das Internet der Dinge und die Automobilindustrie fertigen. Das Werk läuft vollständig digitalisiert und vernetzt. Langfristig sollen rund 700 Arbeitsplätze am Standort entstehen, derzeit sind es 250 Beschäftigte.
Bosch will die Produktion bereits im Juli starten – ein halbes Jahr früher als geplant. Zunächst sollen die fertigen Halbleiter in Bosch-Elektrowerkzeugen zum Einsatz kommen, im September soll dann die Chip-Produktion für die Autoindustrie starten. «Wir tragen durch den vorgezogenen Anlauf dazu bei, dass der Druck etwas reduziert wird», sagte Denner mit Blick auf die weltweite Knappheit an Halbleitern. Vorwiegend fertigt Bosch für den eigenen Bedarf.
Viele Autobauer und Elektronikhersteller kämpfen derzeit damit, dass nicht genügend Chips auf dem Markt zur Verfügung stehen. Denner ging davon aus, dass die Industrie noch «schwierige Monate» vor sich habe, sich die Situation aber 2022 nach und nach wieder normalisiere.
Die aktuelle Halbleiterknappheit entstand unter anderem angesichts der sprunghaft gestiegenen Nachfrage bei Notebooks und anderer Computer-Technik in der Corona-Pandemie. Zuletzt litten besonders die Autobauer darunter: Diverse Hersteller mussten zeitweise ihre Produktion anhalten, darunter auch Daimler, BMW und Audi.
Die Engpässe auf dem Halbleitermarkt erschwerten die wirtschaftliche Erholung nach der Corona-Krise, erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei der digitalen Eröffnungsfeier. «Früher galt Öl als Lebenselixier einer Volkswirtschaft und heute sind wir dringender denn je auf Halbleiter angewiesen.» Deutschland und Europa müssten daher auf mehr Souveränität hinarbeiten und bei der Schlüsseltechnologie zu Asien und den USA aufschließen. Sie verwies auf ein zweites EU-Förderprogramm für die Mikroelektronik, das derzeit ausgehandelt werde.
Von der ersten Auflage des Programms hat die Bosch-Fabrik profitiert: Der Neubau in Dresden wurde vom Bund mit rund 140 Millionen Euro im Rahmen des europäischen Beihilfe-Programms IPCEI für die Mikroelektronik unterstützt. Europa müsse zwar nicht nach Autarkie streben, betonte Bosch-Chef Denner. «Aber es darf auch nicht abhängig von der ökonomischen und technologischen Kraft anderer Weltregionen sein.» Eine neue Chipfabrik könne das Problem zwar nicht lösen, sei aber ein Beitrag.
Rund eine Milliarde Euro hat Bosch auf einem rund 100.000 Quadratmeter großen Areal in der Nähe des Dresdner Flughafens investiert – nach eigenen Angaben die größte Investition der Firmengeschichte. Auf die hauchdünnen Siliziumscheiben, sogenannte Wafer, passen mehr als 30.000 einzelne Chips, die später etwa in Elektro- oder Hybridfahrzeugen zum Einsatz kommen.
Das neue Halbleiterwerk arbeitet mit Hilfe von Robotern und Künstlicher Intelligenz: Unentwegt werden Daten gesammelt, geprüft und ausgewertet. Im Werk entstehen dadurch pro Sekunde Produktionsdaten mit einem Umfang von umgerechnet 500 Textseiten. Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz soll die Prozesse schneller und effektiver machen.
Bosch unterhält bereits eine Chip-Fabrik in Reutlingen bei Stuttgart, die 2010 eröffnet wurde. Die dort hergestellten Halbleiter basieren aber auf einer anderen Technologie. Das Unternehmen kündigte an, rund 50 Millionen Euro in den Ausbau des Reinraums in dem Reutlinger Werk investieren zu wollen.
Mit der Neuansiedlung wächst auch das sogenannte Silicon Saxony: Mit den großen Chipfabriken von Infineon und Globalfoundries ist Dresden bereits einer der wichtigsten Halbleiterstandorte in Europa. Laut Branchenverband gibt es in Sachsen derzeit rund 2500 Unternehmen mit mehr als 70.000 Beschäftigten in der Branche.