Der Negativpreis «Big Brother Award» geht in diesem Jahr an den Bringdienst Lieferando und das schwedische Unternehmen Klarna. Nach Ansicht des Bielefelder Datenschutzvereins Digitalcourage sorgt Lieferando mit einer App für eine «unzulässige Totalkontrolle seiner Fahrer».
Dabei werde im Detail und sekundengenau das Verhalten der Mitarbeiter erfasst, heißt es in der Begründung. Bei dem schwedischen Zahlungsdienstleister kritisieren die Datenschützer, dass «intransparent» Daten aus den Bereichen Einkauf, Preisvergleich, persönliches Finanzmanagement, Bonitätskontrolle und Banking gebündelt werden. Beide Unternehmen wiesen die Vorwürfe gegenüber der Deutschen Presse-Agentur zurück und betonten, sie würden sich an alle gesetzlichen Regeln und Vorgaben halten.
Die Preise sollten in unterschiedlichen Kategorien am Abend in Bielefeld im Rahmen einer Gala verliehen werden. Lieferando sollte die «Auszeichnung» in der Kategorie Arbeitswelt erhalten, Klarna im Bereich Verbraucherschutz.
Erläuterungen abgelehnt?
Ein Sprecher der Lieferando-Mutter kritisierte, das Unternehmen hätte der Jury die kritisierte App gerne erläutert. Das Angebot habe Digitalcourage aber abgelehnt. «Wie andere Dienste betreiben auch wir eine GPS-basierte Logistik. Die Fahrer-App entspricht den geltenden Datenschutzbestimmungen, und die ermittelten Orte und Zeiten sind unerlässlich für einen ordnungsgemäßen Betrieb unseres Lieferservices», sagte Sprecher Oliver Klug der dpa. Dabei gehe es darum, Fahrern Bestellungen zuzuweisen, ihnen die integrierte Navigation bereitzustellen, und Gastronomen und Konsumenten die Möglichkeit zu geben, den Status der Bestellung prüfen zu können. «Wir können nicht per Fax mit unseren Fahrern kommunizieren», teilte das Unternehmen mit.
Ein weiterer «Big Brother Award» geht an die irische Datenschutzbehörde (DPC – Data Protection Commissioner). Digitalcourage wirft ihr vor, europäisches Datenschutzrecht dauerhaft zu sabotieren und so Irland zur Oase für Unternehmen wie Facebook, Google und Apple gemacht zu haben. DPC reagierte nicht auf eine Anfrage der dpa.
Zu den weiteren Preisträger zählt das Bundeskriminalamt (Behörden und Verwaltung), stellvertretend für die deutsche Polizei, für das Speichern und Nutzen von personenbezogenen Daten. Der Vorwurf lautet, dass die Ermittler entgegen der Vorgaben des Europarechts die Daten nicht oder unzureichend kennzeichneten. Dadurch bestehe die Gefahr, dass die Bürger ungerechtfertigterweise als Gefährder oder Straftäter behandelt würden. In der Kategorie Technik erhält die Bundesdruckerei die Auszeichnung. Ihr werfen die Datenschützer die in ihren Augen unsinnige Verwendung und Förderung von der Blockchain-Technik bei der Authentifizierung von Schulzeugnissen vor.
In der Jury des «Oscars für Datenkraken» sitzen unter anderen Frank Rosengart vom Chaos Computer Club oder der ehemalige Datenschutzbeauftragte des Landes Schleswig-Holstein, Thilo Weichert.