Die Technikbranche gehört zweifellos zu den Gewinnern der Pandemie.
«Stellen Sie sich nur einmal vor, wo wir in den vergangenen zwei Jahren ohne moderne Technologie gewesen wären», sagte Gary Shapiro, Chef der Hightech-Messe CES in Las Vegas, zum Auftakt des Branchentreffs. «Kein Internet. Kein Homeoffice. Kein Streaming. Keine kontaktlose Lieferung. Keine Telemedizin.» Künstliche Intelligenz habe dabei geholfen, neue Impfstoffe und Behandlungen zur Bekämpfung der Pandemie zu entwickeln. «Aber Tatsache ist, dass Überleben nicht genug ist.»
Die Tech-Konzerne schauen nun auf eine Zeit, in der die Pandemie den Alltag nicht mehr dominiert. Dabei zeichnen sich auf der diesjährigen Messe mehrere Trends ab.
Nachhaltigkeit
Die Bedrohungen durch den Klimawandel und die Zerstörung der Umwelt sind inzwischen Kernthemen der Messe, auch weil die Verbraucher in ihren Kaufgewohnheiten immer umweltbewusster werden. Zum Auftakt der CES sprach Samsung-CEO Jong-Hee Han fast ausschließlich von Innovationen im Bereich der Nachhaltigkeit.
So soll eine neue Generation von Waschmaschinen der Südkoreaner verhindern, dass Mikroplastik aus Fleece-Kleidungsstücken in das Ökosystem gelangt. Eine neuartige TV-Fernbedienung soll Millionen von Batterien überflüssig machen: Der Klicker bezieht den Strom sowohl aus der Sonne als auch aus der Energie von Radiowellen, die von Geräten wie einem WLAN-Router im Haus ausgesendet werden.
Mobilität
Schon in den vergangenen Jahren hatte sich die CES immer stärker zu einer Mobilitätsmesse entwickelt. In diesem Jahr nahmen unter anderen Mercedes, BMW, Volvo, Hyundai, General Motors und Sony die Show zum Anlass, ihre neusten Elektroautos und Mobilitätsprojekte zu präsentieren – auch wenn zum Teil nur digital.
Viel Aufmerksamkeit in Las Vegas zog allerdings auch ein Aussteller auf sich, den man nicht unbedingt auf einer Hightech-Messe erwartet, nämlich der Landtechnikhersteller John Deere. Das Unternehmen aus dem US-Bundesstaat Illinois hat autonomes Fahren auf dem Feld serienreif gemacht. Deere kündigte auf der CES einen vollautonomen Traktor an. Der Landwirt kann das 14 Tonnen schwere Gefährt aus der Ferne mit einem Smartphone oder Computer bis auf 2,5 Zentimeter genau steuern. Das Hightech-Monster mit einem Neun-Liter-Motor und mehr als 400 PS wird je nach Ausstattung mehrere hunderttausend Dollar kosten und ab dem Sommer auf Feldern in den USA eingesetzt. In Deutschland fehlt noch eine Zulassung für den vollautonomen Traktor.
TV-Technik
Bei den großen Fernsehern für das Wohnzimmer versuchten auch in diesem Jahr die Hersteller, die Ton- und Bildqualität zu optimieren. Die Unterschiede zu den Vorjahresmodellen sind jedoch nur für das geübte Auge auszumachen. Daher wundert es nicht, dass die Hersteller auf der Suche nach neuen Kunden auch mit neuen Formfaktoren experimentieren. So präsentierte Samsung einen tragbaren Projektor zum Überall-TV-Schauen («The Freestyle»). Das Gerät kann um 180 Grad gedreht werden und verwandelt so jeden Ort in ein Display, vom Boden über die Wände bis zur Decke. Im Smart-Speaker-Modus analysiert das Gerät die Musik, um synchronisierte visuelle Effekte zu projizieren. Auch Samsung-Wettbewerber LG versucht, mit einem mobilen Fernseher die Generation Z anzusprechen. Der «LG StanbyME», bei dem im Namen kein Buchstabe fehlt, wurde wie bei einer Stehlampe auf einen Standfuß montiert und kann auch ohne Stromkabel drei Stunden lang mit einem einbauten Akku betrieben werden.
Krypto
Der Rummel um die Krypto-Technik Blockchain erinnert manche Beobachter bereits an die Internet-Blase vor der Jahrtausendwende. Auf der CES stehen allerdings weniger Digitalwährungen wie Bitcoin oder Ethereum im Fokus, sondern die digitalen Echtheitszertifikate NFT. Die Abkürzung steht für Non-Fungible Token (auf Deutsch etwa «nicht-austauschbare Wertmarke»). Mit Hilfe von NFT sollen beispielsweise digitale Bilder für den Fernseher eingekauft werden können, die vom Aussehen zwar nicht von Kopien unterschieden werden können, aber von den Künstlern als «Originale» ausgewiesen werden.
Fixstern Apple
Der iPhone-Hersteller Apple war zwar – wie in jedem Jahr – nicht auf der CES vertreten. Doch die Verkaufsschlager mit dem Apfel-Logo inspirierten etliche Aussteller. Besonders die Apple Watch und die Kopfhörer AirPods fanden auf der CES viele Nachahmer. Google kündigte zur CES an, künftig eine stärkere Integration von Android-Geräten unterschiedlicher Hersteller anzustreben. So soll man Kopfhörer aus dem Android-Universum ähnlich unkompliziert mit Smartphones verbinden können, wie dies Apple bei der Kopplung der AirPods mit iPhone, iPad oder Mac gelungen ist. Google nennt die Initiative «Better Together» und erwähnte dabei Apple mit keinem Wort. Das Tech-Portal «The Verge» schrieb allerdings, dass der Rest der Branche das Projekt eher als «Aufholen gegenüber Apples Ökosystem» bezeichnen werde.