Kleine Filmchen mit dem Smartphone oder der Kompaktkamera hat wahrscheinlich jeder schon einmal gedreht. Mit mehr oder weniger Erfolg. Wer etwas ernsthafter in die Welt des Filmens einsteigen möchte, hat schnell ganz andere Ansprüche.
Gestochen scharfe Aufnahmen, natürliche Farben, spektakuläre Einstellungen – mit billigen Geräten kommen Hobbyfilmer nicht weit. Doch es braucht auch keine professionelle Filmkamera, um hochwertige Videos zu drehen. Die Lösung: Für Kurzfilme, hochwertige Naturaufnahmen oder semiprofessionelle Hochzeits-, Konzert- oder Musikvideos empfiehlt sich eine gute Systemkamera.
Und wie sieht es mit der guten alten Handkamera aus?
«Camcorder im Amateurbereich liefern wegen der kleinen Sensoren nicht so wertige Aufnahmen», erklärt Mathias Allary, Leiter der Online-Filmschule Movie-College in München. Für ein gutes Gerät müsste man mindestens vierstellige Beträge in die Hand nehmen.
Auch André Kramer, Redakteur beim Fachmagazin «c’t», rät von Videokameras eher ab: «Klassische Camcorder gibt es schon noch, mittlerweile sind aber alle Funktionen mehr oder weniger durch Fotokameras abgedeckt.»
Sicher mit einer Mirrorless
Stattdessen greifen Hobbyfilmer besser zu einer Systemkamera. «Wer eine vielseitige, kompakte Kamera sucht, die visuell hochwertige Aufnahmen macht, kann mit einer Mirrorless nichts falsch machen», sagt Mathias Allary. Mirrorless (spiegellos) steht hier für die spiegellose Systemkamera mit Wechselobjektiven.
Das Smartphone reicht dagegen meist nicht aus – aus mehreren Gründen. «Bei Videos hat man es mit einer längeren Periode zu tun, in der man das Gerät ruhig halten muss», sagt André Kramer. Ohne Zubehör wie Stativ oder sogenanntem Gimbal fällt das bei einem Handy schwer. Auch ist die Linse nicht optimal, wegen der Weitwinkel-Optik: Linien von Gesichtern oder Gebäuden werden schnell verzerrt dargestellt.
Was die Systemkamera können sollte
Wer sich eine Systemkamera zulegt, sollte auf ein paar Dinge achten: «Die Kamera sollte mindestens HD, besser aber 4K haben», rät Allary, der auch als Regisseur und Kameramann arbeitet. Die reine Pixelzahl sage nur bedingt etwas über die Qualität aus.
Bei der Auflösung braucht man es nicht zu übertreiben. «4K und eine Bildrate von 60 Bildern pro Sekunde ist fast schon Overkill», sagt André Kramer von der «c’t». Zur Einordnung: Für klassische Kinofilme werde mit 24 Bildern pro Sekunde gearbeitet.
Entscheidend ist die Sensorgröße. «Full Frame und APS-C ergeben dank geringerer Schärfentiefe wertigere Aufnahmen», sagt Allary. Auch Bildstabilisatoren seien wichtig. «Hier kann die Kombination aus stabilisiertem Kamerasensor und optischem Stabilisator im Objektiv Wunder wirken.» Nicht zu unterschätzen ist auch die Zeitspanne, in der gefilmt wird. Für ein ganzes Konzert braucht es eine Kamera, die sich nicht nach 20 Minuten wegen Überhitzung selbst abschaltet.
Auch das Objektiv muss stimmen
Ebenso wichtig wie der Kamera-Body selbst ist das passende Objektiv. «Dabei muss es gar keine besonders hohe Lichtstärke sein. 2,8 geht als Öffnungsblende völlig in Ordnung», sagt Allary.
Entscheidend sind Abbildungsqualität und Brennweite. André Kramer gibt Beispiele: «Für Nahaufnahmen eignen sich 85, für Hochzeiten 35 Millimeter.» Ein gutes Zoomobjektiv deckt diesen Bereich ab.
Der Kostenfaktor ist nicht zu unterschätzen: Für hochwertige Objektive ist man schnell bei Preisen im vierstelligen Bereich.
Wichtig ist die Verwendung
Dazu kommt noch das Zubehör. Steck- oder Funkmikrofone kosten 200 bis 300 Euro, ein gutes Stativ bekommt man erst für deutlich über 100 Euro. LED-Ringlichter oder Faltreflektoren helfen bei der richtigen Belichtung. «Für den Ton sollte man sich winzige Aufklebe-Windschutze besorgen und auf die Mikrofonöffnungen der Kamera kleben. Das verhindert Störgeräusche bei Außenaufnahmen», erklärt Allary.
Für einen guten Film zählt aber nicht nur das richtige Zubehör. «Letztlich sind die Kameras vor allem Werkzeuge», sagt der Experte. «Es kommt darauf an, wie wir sie verwenden.»
Info-Kasten: Actioncams für wilde Outdoor-Aufnahmen
Wer sich beim Surfen, Snowboarden oder Mountainbiken filmen will, kommt kaum um eine Actioncam herum. Gute Modelle gibt es für 300 bis 400 Euro. Hohe Qualität sollte man von den kleinen Outdoor-Spezialisten allerdings nicht erwarten. «Die Aufnahmen haben wegen der fest verbauten Weitwinkel und kleiner Sensoren keine so hochwertige visuelle Anmutung», erklärt Allary. Laut Stiftung Warentest zeigen die Aufnahmen im Vergleich zu Fotos einer hochwertigen Kompaktkamera deutliche Farbstiche und verzerrte Linien. Vor allem beim Filmen von Gesichtern kann das unfreiwillig komisch aussehen.