«Das Büro in der Westentasche» versprach Nokia vor 25 Jahren zum Marktstart eines Handys, das als Urahn heutiger Smartphones durchgehen kann. Es sollte besser eine voluminöse Westentasche sein: Das Modell Nokia 9000 Communicator war fast vier Zentimeter dick und wog knapp 400 Gramm.
Das Telefon war allerdings auch etwas besonderes: Wie ein Mini-Laptop konnte man es aufklappen, so dass eine Tastatur und ein Schwarz-Weiß-Display mit einer Diagonale von 4,5 Zoll (11,5 cm) zum Vorschein kamen.
Das Nokia 9000 wurde auf der Computermesse CeBIT 1996 in Hannover vorgestellt und kam am 15. August 1996 auf den Markt. Das Gerät gab für ein Jahrzehnt die Vorstellung vor, wie ein Smartphone auszusehen hat: Es hat Knöpfe. Viele Knöpfe. Es sind eben kleine Computer für unterwegs. Nach dem Communicator brachten die Blackberry-Telefone mit ihren Tastaturen die Idee zur Perfektion – bis Apples iPhone mit seinem Multitouch-Bildschirm 2007 dieses Konzept torpedierte und den Grundstein für heutige Smartphones legte. Die übrigens tatsächlich als Büros in der Westentasche fungieren können – was sich besonders in der Corona-Pandemie zeigte.
Zeit der Träume und des Aufbruchs
In den 1990er Jahren konnte man von den Fähigkeiten heutiger Smartphones nur träumen – wie etwa Microsoft 1994 in dem visionären Video «Information at your fingertips», in dem Taschen-Geräte mit großem Display gezeigt wurden, die mit dem Internet verbunden waren. In dem Video, das Bill Gates in seiner Keynote auf der inzwischen längst eingegangenen Computermesse Comdex in Las Vegas vorführte, wurde das Smartphone auch schon benutzt, um einen Kaffee kontaktlos ohne Bargeld zu bezahlen.
Es war zugleich eine Zeit des Aufbruchs, in der viele versuchten, zumindest einen Teil der Ideen mit der damaligen Technologie in mobiler Technik zu verwirklichen. Je kühner die Visionen, desto schmerzhafter waren zum Teil die Rückschläge.
Der ohne Gründer Steve Jobs orientierungslos treibende Apple-Konzern landete einen Flop mit dem «Handheld» Newton. Das Besondere an dem Gerät war, dass es mit Eingabestift und großem Display die Handschrift erkennen sollte – die Software scheiterte jedoch gerade daran. Das Start-up General Magic versuchte jahrelang, ein Touchscreen-Gerät auf die Beine zu bekommen, das konzeptuell viele Funktionen späterer Smartphones vorausahnte, am Ende aber zu ambitioniert für den Stand der Technik war.
Das Büro in der – großen – Tasche
Die Stärke von Nokias Ansatz mit dem Communicator war die Bodenständigkeit. Das Gerät versprach keine revolutionären Innovationen, bot aber tatsächlich die Möglichkeit, einige Büroaufgaben unterwegs zu erledigen. So konnte man Faxe und E-Mails senden und empfangen. Auch bot das Gerät Zugang zu Adressbuch und Terminkalender. Der Preis lag bei 2700 Mark ohne SIM-Karte (also umgerechnet rund 1380 Euro ohne Kaufkraft-Ausgleich).
Zusammengeklappt sah der 9000 Communicator wie ein herkömmliches einfaches Handy mit Wähltasten und kleinem Bildschirm aus – nur eben noch etwas klobiger. Das innere Display hatte eine Auflösung von 640 mal 200 Pixeln. Das klingt nach heutigen Maßstäben wie ein Witz – aber damals waren auch bei großen Computermonitoren 640 mal 480 Pixel Standard. Über GPS-Ortung, Kamera, Ohrhörer-Buchse – also viele Dinge, die heute ein Smartphone ausmachen – verfügte der erste Communicator nicht. Das Gerät war aber erfolgreich genug, dass Nokia über die Jahre diverse weitere Modelle auflegte, die technisch aufgerüstet wurden. Einen letzten Versuch, das Konzept in die Ära moderner Smartphones zu tragen, versuchten die Finnen 2011 mit dem Nokia E7, bei dem sich das Display hochschieben ließ und eine Tastatur enthüllte.
Wer noch einen Nokia Communicator 9000 in der Schublade liegen hat, sollte das Gerät bei der nächsten Aufräumaktion nicht im Sondermüll entsorgen. Auf eBay und anderen Plattformen sind die ersten Smartphones noch immer nachgefragt und erzielen Verkaufspreise von über 500 Euro.