Die EU-Kommission wirft Apple unfairen Wettbewerb in seinem App Store auf iPhone und iPad vor. Apple benachteilige andere Anbieter von Musikstreaming-Apps, erklärte Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager heute nach einer Beschwerde des Marktführers Spotify.
Die Brüsseler Behörde geht unter anderem dagegen vor, dass die Verkäufe von Abos in den Apps über Apples Bezahlplattform abgewickelt werden müssen. Dabei behält der Konzern 30 oder 15 Prozent der Einnahmen ein. Setzt sich die EU-Kommission durch, würde dies das Geschäftsmodell von Apple für den App Store auch bei anderen Diensten infrage stellen.
Die Wettbewerbshüter zeigten sich besorgt, dass Nutzer von Apple-Geräten höhere Preise für Musikstreaming-Abos bezahlen müssten oder einige Abonnements nicht in ihren Apps kaufen könnten. Sie kamen in ihren vorläufigen Feststellungen auch zu dem Schluss, dass Apple eine dominierende Marktposition beim Vertrieb von Musikstreaming-Anwendungen im App Store habe. Der Konzern sei zugleich «Torwächter» und Konkurrent mit seinem eigenen Dienst Apple Music, betonte Vestager.
Apple konterte: «Die Argumentation der Kommission zugunsten von Spotify ist das Gegenteil von fairem Wettbewerb.» Spotify wolle «alle Vorteile des App Stores nutzen und meint, dafür nichts zahlen zu müssen». Spotify begrüßte die Entscheidung der Kommission. Dies sein «ein entscheidender Schritt, um Apple für wettbewerbswidriges Verhalten zur Verantwortung zu ziehen».
Apple nimmt seit dem Start der Download-Plattform 2008 grundsätzlich eine Abgabe von 30 Prozent auf Einnahmen mit digitalen Artikeln oder Dienstleistungen wie Abos. Bei länger als ein Jahr laufenden Abos sinkt die Kommission auf 15 Prozent – und seit kurzem auch für Entwickler, die weniger als eine Million Dollar pro Jahr einnehmen.
Die Untersuchung der Kommission wurde von einer Beschwerde des Musikstreaming-Marktführers Spotify angestoßen, der mit Apple Music konkurriert. Spotify findet es unfair, dass für Apple beim gleichen Abo-Preis wegen der App-Store-Abgabe mehr Geld übrig bliebe.
Die Kommission kam zu dem Schluss, dass die meisten Streaming-Anbieter die Gebühr an ihre Kunden mit höheren Preisen weiterreichten. Spotify etwa bot eine Zeit lang seine Abos in der iPhone-App für 12,99 statt 9,99 Euro pro Monat an. Schon vor einigen Jahren ging der Dienst aber dazu über, stattdessen iPhone-Kunden das Abonnement über eine Website zu verkaufen, um der Gebühr zu entgehen. Auch der Videostreaming-Dienst Netflix geht diesen Weg.
Bei diesem Modell kommt der zweite Wettbewerbsverstoß aus Sicht der Kommission zum Tragen: Die Anbieter dürften nicht direkt in der App einen Link zu der Website einbauen, auf der man die Abos an Apple vorbei kaufen kann. Apple kontert, es würde zum Beispiel auch kein Elektronik-Markt Werbung eines Konkurrenten neben den eigenen Preisschildern zulassen. Der iPhone-Konzern verweist auch darauf, dass Spotify seit dem Ausstieg aus In-App-Käufen 2016 mehr als 100 Millionen Abo-Kunden gewonnen habe. Außerdem gebe Spotify die Senkung der Gebühr von 30 auf 15 Prozent nicht an die Kunden weiter.
Spotify ist die klare Nummer 1 im Musikstreaming-Geschäft vor Apple. Der in Schweden beheimatete Anbieter hatte zum Ende des vergangenen Quartals 356 Millionen Nutzer, von denen 156 Millionen zahlende Abo-Kunden sind. Der iPhone-Konzern hatte in seinem Dienst Apple Music im Sommer 2019 mehr als 60 Millionen Abo-Kunden – und nannte seitdem keine neuen Zahlen. Apple verzichtet anders als Spotify auf eine Gratis-Version.
Neben dem Spotify-Fall stehen schon länger Vorwürfe von Banken im Raum, die sich bei kontaktlosem Bezahlen benachteiligt sehen. Sie kritisieren unter anderem, dass sie nicht an Apple vorbei auf den sogenannten NFC-Chip zugreifen könnten. Apple Pay ist der einzige Weg, um auf iPhones Zugriff auf den NFC-Chip zu bekommen, über den man das Telefon an der Ladenkasse statt einer Bankkarte einsetzen kann. Apple sieht das als technische Lösung, um die Sicherheit der Zahlungen zu gewährleisten und versichert, dass jeder, der Zugang zu Apple Pay wolle, ihn auch bekomme.
Die EU-Wettbewerbshüter nehmen schon seit Jahren amerikanische Technologie-Plattformen unter die Lupe. Gegen Google verhängte Vestager in drei Verfahren Bußgelder von insgesamt 8,25 Milliarden Dollar. Dabei ging es unter anderem um das Smartphone-System Android und die Shopping-Suche mit Artikel-Angeboten. Bei Amazon geht die Kommission der Frage nach, ob der Konzern auf unfaire Weise mit anderen Händlern konkurriert, die seine Plattform nutzen. Nach dem vorläufigen Ergebnis von Untersuchungen der EU-Kommission missbraucht das amerikanische Unternehmen seine Marktmacht und verstößt damit gegen Kartellvorschriften.
Wenn Unternehmen gegen die Wettbewerbsvorschriften der EU verstoßen, riskieren sie Geldbußen von bis zu zehn Prozent ihres weltweiten Jahresumsatzes. Das Problem bei solchen Strafen ist jedoch: Sie werden erst nach jahrelanger Untersuchung verhängt und gehen danach oft weitere Jahre durch Gerichtsinstanzen. Mögliche Konkurrenten existieren dann vielleicht nicht mehr.