Viel Zeit zu Hause: Seit Beginn der Pandemie ist das die neue Normalität. Leider. Hobby-Musizierende stellt das vor neue Herausforderungen, eröffnet aber auch Chancen. Musizieren auf Distanz ist das neue Ding, mit Online-Unterricht, Lernvideos oder auch auf Online-Plattformen.
«Ich habe seit über zehn Jahren einen Schüler, der in der Schweiz lebt, dem ich noch nie real begegnet bin», berichtet Konstantin Gutmann, Gründer einer Online-Musikschule. Durch die Pandemie seien deutlich mehr Schüler auf diese Art des Lernens aufmerksam geworden.
Für den Instrumenten-Unterricht auf Distanz benötigt man lediglich einen Rechner mit Webcam und eine stabile Internetverbindung via LAN-Kabel. Per Videokonferenz-Software findet dann der wöchentliche Unterricht statt. Wichtig sei dabei die richtige Platzierung der Kamera beziehungsweise der Lernenden zur Kamera hin, sagt Gutmann.
Zusammen musizieren ist schwerer
Theoretisch funktioniert Online-Unterricht mit allen Instrumenten. Laut Gutmann gibt es jedoch Instrumente, bei denen man etwas näher an die Webcam heran muss, damit die Hände am richtigen Platz und damit gut sichtbar sind. Ein großer Nachteil ist die akustische Verzögerung, die es praktisch unmöglich macht, gemeinsam zu spielen oder zu singen.
«Ich löse das dadurch, dass ich viele Backtracks mache», sagt Gutmann. «Ich nehme viel auf und dann schicke ich es als mp3 zu meinen Schülern. Die können dann mit dieser Aufnahme von mir gemeinsam spielen.»
Der Musikwissenschaftler Matthias Krebs wiederum weiß, dass in der Pandemie viele Musiker gute Erfahrungen mit den Plattformen Jamulus oder Sonobus gemacht haben. Dort kann man verzögerungsarm über Distanz zusammen musizieren, weil durch den Verzicht auf Video weniger Daten ausgetauscht werden müssen. «Zusätzlich sind Jamulus und Co eben einfach auf Klang- und Soundübertragung optimiert», sagt Krebs.
Lernen per YouTube-Tutorial
Seit dem Beginn der Pandemie haben sich neben Profis auch viele Musik-Laien aus der Not heraus mit digitalen Technologien auseinandergesetzt. Für viele Pädagogen war es zudem ein Impuls, diese Ressourcen und Methoden weiter zu nutzen. So gab es vor der Pandemie relativ wenige Instrumentenlehrkräfte, die Erfahrung mit Online-Unterricht hatten.
Daneben gibt es auch die Möglichkeit, ein Instrument durch das Anschauen von YouTube-Videos zu erlernen. Das Spektrum unterschiedlicher Ansätze ist groß. «YouTube-Tutorials sind eine interessante Methode, um ein Instrument zu erlernen», sagt Krebs, «da man ganz verschiedene Spieltechniken kennenlernen und sich inspirieren lassen kann, was über den einen Gitarrenlehrer hinausgeht.»
Er gibt jedoch zu bedenken, dass es vielen Schülern schwerfalle, den körperlichen Aspekt des Musizierens zu verstehen. Der eigene Musiklehrer könne darauf ganz anders eingehen. «Er kann Feedback zum Spiel des Lernenden geben und auch problembezogen Optionen vormachen, wie man Spielbewegungen besser ausführen kann.»
Echte Lehrer sind immer besser
Auch wenn sich im Online-Bereich immer neue Lehrmethoden entwickeln, sei es natürlich etwas ganz anderes, wenn man sich persönlich beim Unterricht treffen könne, sagt auch Katrin Bock, Pädagogin und Programmleiterin des Lugert Musikverlags: «In Vermittlungsprozessen hilft es sehr, wenn der Lehrer eine direkte Reaktion vom Schüler sehen kann.»
Insgesamt, so Bocks Erfahrung, hätten Musik-Lehrer und -Lehrerinnen eine große Bereitschaft, sich digital fortzubilden, um ihre Schüler und Schülerinnen auch mit neuen digitalen Mitteln zu erreichen. Was die Motivation zum Üben betrifft, ist allerdings wohl eher ein realer Lehrer hilfreich, der beim Vorspielen direkt merkt, ob geübt wurde oder nicht.