Mit Durchsuchungen in 15 Bundesländern haben die Ermittlungsbehörden ein Signal gegen Hass und Hetze im Internet gesetzt.
Polizisten klingelten am Montagmorgen an den Wohnungstüren von 75 Beschuldigten und beschlagnahmten 180 Datenträger wie Smartphones, Notebooks und andere digitale Geräte. «Wenn Worte wie Waffen gebraucht werden, ist konsequentes staatliches Handeln gefordert», sagte der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) im Landeskriminalamt in Mainz, das die bundesweite Fahndungsaktion koordinierte.
Nach dem gewaltsamen Tod von zwei Polizisten am 31. Januar im Landkreis Kusel richtete das LKA eine eigene Ermittlungsgruppe «Hate Speech» ein. Zwar habe es nach dem Verbrechen vor allem eine Welle der Anteilnahme gegeben, sagte Lewentz. «Wir haben aber auch in sogenannten sozialen Medien in tiefe menschliche Abgründe blicken müssen.» Es habe «widerwärtigste Kommentare» gegeben, «in denen der Mord gefeiert und die Opfer verächtlich gemacht wurden».
Urheber zur Hälfte identifiziert
Inzwischen wird nach Angaben des Ministers gegen 150 Beschuldigte in 172 Fällen strafrechtlich relevanter Äußerungen ermittelt. In mindestens der Hälfte dieser Fälle seien die Urheber identifiziert worden, sagte der Vizepräsident des Bundeskriminalamts, Jürgen Brauer. Grundlage der Identifizierung seien meist Screenshots der Äußerungen. Danach seien Profile mit dem gleichen Namen in anderen Netzwerken überprüft worden. Nach weiteren Recherchen in frei verfügbaren Quellen seien auch die Anbieter von Internet-Diensten angeschrieben worden. In einigen Fällen hätten diese eine Auskunft abgelehnt. Die Ermittlungen dauerten weiter an.
Von den 75 Durchsuchungen am Montag waren allein 32 in Nordrhein-Westfalen. In Rheinland-Pfalz gab es elf Einsätze. Einziges Bundesland ohne Durchsuchung war Sachsen-Anhalt. Dort sind nach Angaben der Ermittler aber auch noch Vernehmungen geplant. Die Ergebnisse der Durchsuchungen sollen jetzt dokumentiert, aufbereitet und den jeweiligen Staatsanwaltschaften der Bundesländer übergeben werden.
Betroffen waren Verdächtige im Alter von 13 bis 67 Jahren, die zu 90 Prozent männlich sind. Der Altersschwerpunkt liege bei den 22- bis 40-Jährigen, sagte LKA-Vizepräsident Achim Füssel. Die meisten Hass-Äußerungen wurden bei Facebook registriert. Danach folgten Tiktok, Youtube, Twitter, Instagram und Telegram. Von dem Ermittlungsdruck erhoffen sich die Behörden, die auch sogenannten Likes unter Hass-Äußerungen nachgehen, eine präventive Wirkung.
«Wer heute keinen Besuch von der Polizei hatte, sollte nicht glauben, dass er schon aus dem Schneider ist», sagte der Koblenzer Generalstaatsanwalt mit Blick auf die andauernden Ermittlungen. Die juristischen Vorwürfe betreffen zumeist die Billigung von Straftaten, die Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener und den Tatbestand der Beleidigung.